Biberacher Tage für seelische Gesundheit
Aktionsbündnis
 

Thema 

2023: Zusammen der Angst das Gewicht nehmen


2022: Reden hebt die Stimmung – Seelisch gesund in unserer Gesellschaft

 

Welttag der seelischen Gesundheit … Aktionstage in Biberach (2022)

 

1992 wurde durch die World Federation for Mental Health, mit Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der 10. Oktober zum World Mental Health Day, Welttag der seelischen, auch psychischen oder geistigen Gesundheit ausgerufen. Seither werden vielerorts jährlich um den 10. Oktober herum Veranstaltungen organisiert, die die Problematik eines Lebens mit seelischen/ psychischen Leiden aus dem Tabu holen und in den Fokus der Wahrnehmung rücken, Informationen über psychische Krankheiten zugänglich machen und Solidarität mit psychisch Kranken und ihren Angehörigen zum Ausdruck bringen sollen. Auch in Biberach hat sich seit 2011 regelmäßig ein Aktionsbündnis zu den Wochen der seelischen Gesundheit zusammen gefunden.
Seelische Leiden sind in unserer Gesellschaft weit verbreitet. Sie reichen von leichten Einschränkungen des Wohlbefindens bis hin zu schweren psychischen Störungen. Für unser sozioökonomisches System bringen sie erhebliche negative Folgen mit sich. Insgesamt sind psychische Erkrankungen mit derzeit über 17 Prozent aller AU-Tage im Jahr die zweitwichtigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit in der Bundesrepublik, Tendenz steigend. Und zum subjektiven Leiden der Betroffenen kommt fast immer auch das ihrer Angehörigen, die durch die Krankheit eines Familienmitglieds selbst extrem belastet und verunsichert sind und durch die Tabuisierung der Problematik nach außen selbst oft in eine gesellschaftliche Randposition hineingeraten.
In diesem Jahr sollen in den Wochen der seelischen Gesundheit unter dem Motto „Reden hebt die Stimmung – Seelisch gesund in unserer Gesellschaft” unsere sozialen Beziehungen und der gesellschaftliche Zusammenhalt in den Blick genommen werden. Reden hebt die Stimmung: ein recht pauschaler Slogan, der auch missverständlich gedeutet werden kann. Nicht jedes Reden kann damit gemeint sein: nicht das Zureden mit vorschnellem Abtun als „alles nicht so schlimm“, nicht die gut gemeinten Ratschläge, ohne den anderen wirklich angehört zu haben. Auch nicht das  Reden über den anderen, ein Spotten und Ablästern, das dazu dient die gerade so tolle Stimmung in der eigenen Gruppe noch um einen Lacher mehr hochzuputschen. Auch nicht das Ausweichen auf Themen des Alltags und der Politik – wo sich ja gerade so vieles anbietet darüber zu reden. Zum Reden, wie es hier nur gemeint sein kann, gehört zunächst vor allem ein offenes Ohr, ein Hinhören, auch auf das, was zwischen den Worten gesagt wird, ein aufmerksames Auge für das, was der Blick, das Gesicht, die Haltung und der Gang zum Ausdruck bringen. Und ein Begegnen auf Augenhöhe, das den anderen ernst nimmt und ihm Wertschätzung vermittelt.
Einzufühlen in das, was jemand anderen bewegt und das Gefühl, verstanden zu werden gelingt oft leichter, wenn die Gesprächspartner ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Da spürt man: der weiß, wovon ich rede. Der kann mir wirklich etwas sagen. Das ist der Sinn von Selbsthilfegruppen. Nicht immer können die Gespräche in diesen Gruppen oft leiderfahrener Menschen in leichter und unbeschwerter Stimmung verlaufen. Und doch können sie zu einem Quell der Erleichterung und Entlastung, des Wiedergewinnens von Selbstwert werden. Und zu einem Ausgangspunkt zur Transformation von Erfahrungen mit seelischen Krisen in andere Gesellschaftskreise und in die Behandlerebenen hinein und so Berührungsängste, die inneren Mauern und das Tabu abbauen helfen.
Martha Wahl, August 2022